Joint Security Area (JSA), Korea:
DMZ, JSA, Panmunjeom, nie gehört? Kim Jong-un, Nordkorea, Koreakrieg, geteiltes Korea, das sind Dinge, die bis heute regelmässig in den Nachrichten auftauchen. Und da kann man hin? Ja, man kann und es lohnt sich. Es gibt Propaganda zu bestaunen.
Seoul, Hauptstadt Südkoreas, liegt nur 62 km entfernt von der Grenze der beiden koreanischen Teilstaaten. Die Auswirkungen der Grenze kann jeder aber schon unmittelbar ab Stadtgrenze sehen: Stacheldraht, Wachtposten, Absperrungen umschliessen den Fluss Hangang, der durch Seoul fliesst. Das sehen wir auf der Busfahrt auf der für recht teures Geld gebuchten Tagestour. Individuell gibt es keine Möglichkeit des Besuches ;-) Unser „Reiseleiter“, ein kleiner drahtiger, eher unangenehm bemüht witzig wirkender Südkoreaner erklärt, diese Sperreinrichtungen seien erforderlich wegen immer wieder geschickter Spione aus dem Norden. Der Fluss knickt an der Grenze nach Westen ab und fliesst genau auf der Grenze. Also könnten Menschen auf der Nordseite ins Wasser springen und bis Seoul schwimmen, um den Süden zu infiltrieren oder auszuspionieren. Das ist jedenfalls Südkoreas offizielle Annahme und das wird mit enormem Aufwand verhindert. Von Norden aus wurden wohl auch Tunnel gegraben, die eine regelrechte Invasion des Südens ermöglichen sollten. Auf der Tour werden wir einen, (genau den dritten, der gefunden wurde) dieser Tunnel gezeigt bekommen. In 76 m Tiefe, geschlagen durch Granit, gut zwei Meter Durchmesser. Horrorgemälde werden geschildert, ganze Divisionen hätten durch solche Tunnel binnen Stunden nach Südkorea gelangen können. Genau dies haben die Nordkoreaner, jetzt regiert von eben Kim Jong-un, angeblich geplant. |
Wir werden erst mal verschärft ermahnt, genau die Anweisungen der Soldaten an der Grenze zu beachten, bloss keine Fotos in die falsche Richtung zu schiessen, auf keinen Fall Zeichen, Gesten oder was auch immer Richtung Nordkorea zu machen, schon Lachen oder Winken gefährden wohl den Waffenstillstand.
Ja, die beiden Koreas befinden sich seit 1950 im Kriegszustand. Heiss war der Krieg bis 1953 und er ging los, indem der Norden im Süden einmarschierte. Warum gab es diese Teilung überhaupt und warum gibt es sie noch immer? Schuld sind die beiden Atombomben und die dann folgende schnelle Kapitulation der Japaner. So jedenfalls sehen die Südkoreaner das und es wird wohl stimmen. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges haben Russen und Amerikaner ihre Einflussbereiche abgegrenzt. Man war sich nicht mehr grün, obwohl alliiert gegen Deutschland. In Europa führte diese Abgrenzung zur Teilung Deutschlands und zum eisernen Vorhang. In Ostasien hätte eigentlich Japan geteilt werden müssen, da waren die Russen aber erst nach der Hiroshimabombe in den Krieg eingetreten und hatten noch gar nichts von Japan erobert. Die Amis wollten den Russen deshalb nichts von Japan überlassen, letztlich blieb dann bei den Verhandlungen der Nachkriegsordnung nur Korea (das im Norden an Russland grenzt, kurz vor Vladivostok ist das) zum Teilen übrig. Korea war von Japan vor `45 seit längerem, wie auch grosse Teile Chinas und ganz Taiwan, besetzt gewesen. Aus allen Ländern mussten sich die Japaner zurückziehen- also ihre Kolonien aufgeben. Und dann blieb eben halb Korea Interessensphäre der Russen und die andere Hälfte der Amerikaner- heute also des „freien Westens“. Und das sehen wir uns mal an: DMZ ist die DeMilitarisierte Zone, jeweils zwei km breite Streifen nördlich und südlich der Waffenstillstandslinie. Da wacht jetzt die UN, faktisch im Süden die Amis und im Norden Russen und Chinesen, über die Einhaltung des 1953 vereinbarten Waffenstillstandes. Da liegen übrigens Millionen von Landminen, gelegt von beiden Seiten, keiner weiss mehr wo genau. Dabei ist diese Linie bereits Folge eines massiven Eingreifens der Amerikaner und des gesamten Westens in den letzten Monaten des Krieges. Die Nordkoreaner hatten nämlich fast ganz Südkorea erobert, nur ein winziger Rest im Südosten wurde noch gehalten vom nach Westen orientierten Teil Koreas. Der Kriegseintritt des Westen schlug Nordkorea zurück bis ca. auf den 38. Breitengrad, der liegt ziemlich in der Mitte Koreas und bildet jetzt annähernd die Grenze. Und da die beiden Koreas gar nicht miteinander können, nicht mal verhandeln, schuf die UN, letztlich wieder Russen und Amis, die JSA, das ist/war eine gemeinsame Sicherheitszone (Joint Security Area), in der Mitte der DMZ gelegen, eine Insel mitten im Kriegsgebiet, mit Gebäuden, die genau auf der Grenze stehen und in denen beide Seiten sich treffen können, ohne der anderen Seite auf deren Gebiet entgegenkommen zu müssen. Das nennt man heute auch den Ort Panmunjeom. Und genau da dürfen Ausflügler hin. Von beiden Seiten aus. Aber nein: Wir sollen lernen, der Norden organisiert Scheinausflüge (fake-tours). Der Norden baut auch Scheindörfer, die er Friedensdörfer nennt und den höchsten Fahnenmast der Welt. Das erklärt uns ein attraktiver junger amerikanischer Soldat, der uns am Camp Bonifaz kurz vor Panmunjeom übernimmt und den Vormittag betreut. Woher er das alles weiss? Das sei Erkenntnis der Intelligenz (Geheimdienst) der Amis. Wikipedia stellt das anders dar. |
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Und es scheint alles zu passen: Es gab in der DMZ einen Fahnenmast der Nordkoreaner. Der Süden stellte auch eine Fahne auf und die war wohl höher als die des Nordens. Also bauten die einen neuen Mast und den gleich richtig hoch, eben den höchsten der Welt.
Der Süden schuf ein Freiheitsdorf, da wohnen Bauern, die in der Südhälfte der DMZ ackern. Dafür bekommen sie 80.000 $ pro Jahr pauschal und dürfen behalten, was sie erwirtschaften bzw. verkaufen, steuerfrei. Dem setzte der Norden in „seinem“ Teil der DMZ ein Demokratiedorf entgegen, das aber angeblich nur rumsteht und gar nicht bewohnt wird. Es ist von der JSA und der Südzone aus zu sehen, aber ganz genau kann eben aus dem Süden (inklusive UN/Amis) keiner hinsehen bzw. nachschauen gehen, also gibt es „Intelligenz“(Aufklärung)- eine echt bizarre Gegend der Welt. Uns wird in der JSA erklärt, dass der Norden alles, besonders uns, ganz genau beobachtet - wir sehen deutlich, dass der Süden, also die Amis, dasselbe mit noch viel mehr Aufwand gen Norden macht... aber genau das dürfen wir offiziell nicht fotografieren. Wir dürfen alles nur gen Norden (der FEIND!!) knipsen, nichts gen Süden, das sind die Verteidigungsanlagen der Freiheit. Ob wohl die Sorge besteht, wir könnten unsere Bilder dem Norden anbieten? Der macht doch genau das gleiche von seiner Seite aus, Touren, mit echten Touristen, aber laut „unserem“ Soldaten alles gefakt, also gefälscht. Beide Seiten gönnen sich propagandamässig gar nichts. Noch nie haben wir einen so plumpen Propagandafilm gesehen wie hier an dieser bizarren Grenze. Aus den Tunneln quellen in Animationen nicht nur Soldaten, auch gleich Bomben und Raketen, alle landen in Seoul, Infotainment vom Feinsten und Übelsten zugleich. Jedenfalls dürfen wir, in Zweierreihen marschierend, in die Baracke, die direkt auf der Grenze steht. Darin ein Verhandlungstisch und je eine Tür von Norden und von Süden. Hier finden und fanden wohl über Jahre die einzigen Gespräche zwischen den benachbarten Systemen statt, um anliegende Probleme zu erörtern. Immerhin wurden tausende Familien durch die Teilung des Landes getrennt. |
Besonders merkwürdig: Der Süden profitiert von den billigen Löhnen im Norden in einer Wirtschaftszone Kaesong, in der südkoreanische Firmen Nordkoreaner arbeiten lassen und die im Norden (in Sichtweite von DMZ und JSA) vom Süden betrieben wird. Der Süden hat also Fabriken im Norden, da arbeiten die Nordler für kleines Geld, die Gewinne und die Waren gehen in den Süden, die Gehälter in den Norden, angeblich direkt an die dortige Regierung- kleines dickes Kim.
Kann es sein, dass beide Regierungen sich da ganz nett mit einer Teilung eingerichtet haben, von der zumindest die jeweiligen Militärapparate recht fein profitieren? Kann es sein, dass der Süden den Norden nutzt, um seinen eigenen Leuten Kosten und Auflagen zuzumuten, die an „geh doch nach drüben“ bei uns vor 1989 erinnern? Ganz merkwürdige Situation. Zuletzt aufeinander geschossen wurde in der DMZ im September 2014. Tote gab es 1976, da endete die JSA, aus dem joint=gemeinsam wurden getrennte Bereiche, Auslöser war der Axtmörder-Vorfall. Beim Fällen eines Baumes in der JSA fielen wohl die einen über die anderen her, es gab zwei Tote Soldaten, einer davon mit der Axt erschlagen. Ab da trennte man die Streithähne. Jetzt hat jede Seite eine Hälfte der JSA. Eine witzige Geschichte noch: In der Baracke, in der wir mal eben von Süd- nach Nordkorea und zurück hopsen können, verhandelten beide Seiten mal 11 Stunden ohne die kleinste Pause. Warum? Weil keine Seite Schwäche eingestehen wollte und deshalb keiner um eine Pinkelpause bat. Wer menschliche Bedürfnisse hat, ist also schwach und genau das will zwischen den beiden Koreas keiner sein. Seither, und genau so etwas musste lange verhandelt werden, gibt es alle 2 ½ Stunden eine Pause bei den Verhandlungen. Damit jeder mal austreten kann und keiner darum bitten muss. |
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