Der Weg ist das Ziel...
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Der Weg ist das Ziel… oder am Ende eines langen Weges lockt das süsse Ziel? Jedenfalls zieht die Anfahrt sich lange hin, unser repariertes Auto steht in Belo Horizonte und wir haben Weihnachten und Silvester im Kreis der immer grösser werdenden Familie verbracht.
Nach der ersten Nacht des neuen Jahres frühstücken wir mit den Enkeln und Alex und Marina. Dankenswerter Weise bringt uns Alex nach Altenbeken. Da geht am 1. Januar der Zug zum Flughafen los. Und was gönnen wir uns erstmals in diesem Leben? 1. Klasse Bahnfahren. Kostete nur 5 € mehr und ein Sitzplatz ist gleich mit reserviert. Der Wagenstandsanzeiger in Altenbeken nennt aber keine 1. Klasse. Im Zug lernen wir: Das bedeutet gar nichts. Unser Wagon und Abteil ist am anderen Ende des Zuges. Also los. Da der Zug recht gut gefüllt ist, wird sich das sicher lohnen. Am Ziel packt gerade eine vierköpfige Familie im Abteil viele Gepäckstücke aus bzw. in die Ablagen. |
Unser Erscheinen und der Hinweis auf reservierte Plätze (die sogar draussen dran stehen) vertreibt die netten Leute, obwohl wir ja gemeinsam 6 Plätze hätten. Uns ist es im Ergebnis recht, bis Kassel bleiben wir allein und strecken die Beine aus. Reisen kann entspannt sein.
In Kassel warten wir gemeinsam mit der Familie auf den ICE nach Frankfurt- wir fahren über Hauptbahnhof, weiter mit der S-Bahn, irgendwo muss der günstige Preis ja herkommen. Wir haben wieder ein ganzes Abteil für uns, jetzt sogar mit WLAN und Strom - Luxus pur. Die Züge sind alle auf die Minute pünktlich. Grosses Lob an die Bahn. Die S-Bahn ist schnell gefunden, der Koffer beim Einchecken nur 1 kg zu schwer, wird also noch akzeptiert. An der Sicherheitskontrolle flutschen wir nur so durch und schon sitzen wir zum Abflug nach Paris bereit am Gate. Letzte Telefonate mit unseren Lieben, Zeitungen aus dem Internetz laden, lesen, Reisen ist - noch - schön. Das Wetter ist - noch - schlecht. |
17.45 h geht der Flug mit Air France nach Paris ab, die Stadt der Liebe, letztes Jahr waren wir da an Sylvester, jetzt an Neujahr. Wir müssen dringend mal in diese schöne Stadt- das haben wir nämlich schon seit 20 Jahren zusammen vor.
Leider geht der nächste Flug nach Rio de Janeiro erst um 23.45 h los, das wird also ein langer Tag und eine kurze Nacht. Aber es gibt ja, auch in der Holzklasse, Champagner als Aperitif. Noch einen Film und dann der Versuch, zu schlafen. Ach ja: Wir haben gezockt und den Sitz zwischen uns frei gelassen und was sollen wir meckern: Er blieb frei, fast wie Business Class. |
Wir landen morgens ohne Kopfweh und Migräne in Rio. Hätten wir gewusst, wie entspannt das läuft, hätten wir vielleicht die direkte Weiterreise bevorzugt, so haben wir aber ein Zimmer zum Erholen gebucht. Ein Uber-Fahrer bringt uns schnell und günstig hin. Es liegt zwischen Flughafen und Busbahnhof.
Das ist denn auch der einzige Pluspunkt des Zimmers, es ist eher eine Kammer und die Klimaanlagen der umliegenden Räume beschallen Tag und Nacht mit vernehmlichem Alterskrächzen. |
weiter mit dem Bus... |
Wir bummeln etwas durchs Viertel, besorgen die Busfahrkarten nach Belo, finden abends kein Restaurant und trösten uns mit einem kalten Bier. Der 2. Januar endet bei 26°C Nacht-temperatur, wir freuen uns auf unser Auto. Allerdings sollen wir laut unserem Kontaktmann Wender nicht am nächsten Tag in die Firma kommen, besser wäre der folgende Morgen, leuchtet uns ein.
Zum Frühstück verwöhnt uns die Wirtin der AirBnB- Kammer mit viel Kaffee, sie ist super freundlich, Bewertungs-systeme haben schon etwas für sich. Sie bittet um eine nette Bewertung und es fällt uns nicht leicht, die negativen Umstände der Unterkunft zu benennen. |
Lerne: 5 Sterne Bewertungen auf Internet-Portalen bedeuten nicht viel, auch wenn sie echt sind.
Mit Gepäck rufen wir wieder Uber, der Bus fährt pünktlich um 10.00 h morgens los und den können wir uneingeschränkt empfehlen. Sieben Stunden in diesem Fernreisebus sind durchaus auszuhalten, das Internet funktioniert. Die Landschaft ist überwältigend. Es gibt eine Mittagspause, das Wetter ist fantastisch. Wir sind aber immer noch nicht da. Jetzt am 3. Januar sind wir schon 48 Stunden unterwegs. |
wieder im Dicken... |
In Belo klappt die Taxifahrt mit UBER erstmals nicht so richtig, der erste Fahrer steht nah bei, aber eben nicht am Abholpunkt. Wir schwitzen vor uns hin, letztlich kommen wir im gebuchten Messehotel an, beziehen ein kleines, aber für unsere Verhältnisse sehr feines Zimmer und traben wieder los auf der Suche nach einem Happen zu essen.
Unser letztes Bier für die nächste Zeit, leckere Speisen, die immer noch nicht beendete Anreise macht hier sogar ein wenig Spass. Aber dann, am nächsten Morgen geht es gleich nach dem Frühstück direkt zu Mercedes. An der Schranke werden wir sogar erkannt und dürfen mit dem UBER-Auto direkt durchfahren. |
Und da steht er - unser Dicker…. am selben Plätzchen, an dem wir ihn verlassen haben. Wir werden schon erwartet und dürfen gleich einziehen.
Bis alles Mitgebrachte verstaut und alles andere wieder an seinem Platz ist, braucht das seine Zeit. Es ist alles in bester Ordnung. Dass wir nicht in ein frisch bezogenes Bett steigen und einiges an Dreckwäsche auf uns wartet, wussten wir. Der Auszug war ja sehr überraschend und an Wäsche waschen war in der Mercedes Werkstatt nun wirklich nicht zu denken. |
nach Ouro Preto: |
Unser Ansprechpartner Wender lädt uns zum Mittagessen in die Kantine ein. Danke! Das war richtig lecker…
Der Dicke springt sofort an, die Aufbaubatterie ist noch voll, innen ist alles sauber - was wollen wir mehr? Eine Autowäsche… wollen wir nicht, gehört aber wohl zum Service. |
Und hier wird ganz genau gearbeitet. Als wir MinasMaquinas (Mercedes) wieder verlassen, glänzt der Dicke wie schon ganz lange nicht mehr.
Gleich steuern wir unser erstes Ziel an: die UNESCO Weltkulturerbe-Stadt Ouro Preto. Ouro Preto heisst übersetzt „schwarzes Gold“ und ist eine der am besten erhaltenen Kolonialstädte mit mindestens 23 Kirchen, fast alle aus dem Barock. |
Der Legende nach fand ein Diener (Sklave) bei einer Exkursion schwarze, schwere Steine in einem Fluss. Er nahm sie mit und später stellte man fest, dass es Gold war - in einem anderen Metall und deshalb schwarz.
Ouro Preto war einmal die Hauptstadt des Bundesstaates Minas Gerais und die größte Stadt ganz Amerikas. |
Als der Goldrausch vorbei war, übernahm Belo die Hauptstadtfunktion, dadurch blieben in Ouro Preto die Zeit und viele alte Gebäude stehen. So kann Stillstand ein echter Gewinn werden.
Minas Gerais ist sehr grün, aufregend hügelig oder bergig, dabei eigentlich fast überall wunderschön. Belo und auch Ouro Preto liegen auf ca. 1.000 m Höhe, so richtig heiß wird es hier im Sommer nicht. |
Kolonialstädte... |
Man hat in Minas Gerais nicht nur Gold gefunden, es werden bis heute Eisen und andere Mineralien abgebaut. Und in Brasilien ist man da ganz schön großzügig. Gerne wird auch mal der ganze Berg abgetragen… Schicht für Schicht….
Nicht schön, aber praktisch. Wir parken den Dicken an dem empfohlenen Stellplatz hinter einer Kirche. Ruhig und - das ist hier was Besonderes: eben. Am nächsten Morgen können wir uns so direkt auf den Weg machen, die Stadt zu erkunden. |
Wie erwartet, sind wir nicht alleine. Im Januar ist Sommer und Ferienzeit in Brasilien, also Hochsaison.
Aber es ist weniger los, als befürchtet und so können wir die Kirchen, aber auch die vielen netten kleinen Geschäfte in Ruhe ansehen. Und wo wir doch schon mal da sind, fahren wir auch in die Nachbarstadt Mariana. Die ist zwar mehr verändert und teilweise verbaut, aber das „Centro historico“ ist schon auch sehr schön und gut erhalten. |
...unfassbar... |
Etwas ab vom Weg findet sich ein Bergbaugebiet, vor wenigen Jahren bekannt geworden durch eine der grössten Umweltkatastrophen aller Zeiten: Dem Dammbruch von Bento Rodrigues.
Im November 2015 brach dort ein Damm, mehr als 30 Mio. Kubikmeter Schlamm aus dem Eisenerzabbau verseuchten 680 km Flusslauf bis hin zum Atlantik, töteten 19 Menschen und verursachten einen Schaden von 5 bis 55 Milliarden US Dollar. |
Das Gebiet ist riesig und es ist Tagebau, soll heißen, ohne Stollen tragen sie hier die Berge ab, holen das Erz raus und schütten den Abraum wieder auf.
Vorher Mata Atlantico, also Urwald, hinterher Wüstenei. Für uns sieht es aus der Nähe fast harmlos aus. Die Drohne darf mal von oben schauen. Einer der Riesenlaster kommt leider nicht vorbei. |
NACHTRAG: |
Für uns ist es noch immer unfassbar, dass sich solch eine Katastrophe mit jetzt wohl mehr als 300 Toten wenige Tage später im wenige Kilometer entfernten Brumadinho wiederholt...
an einer Stelle, an der wir im November noch mit dem Dicken standen... |