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Alle reden davon: ihr müsst nach Sucre. Die Stadt sei einfach schön.
Eigentlich haben wir nach der quirligen Großstadt La Paz/ El Alto nicht schon wieder Lust auf Stadt, aber sehen wollen wir Sucre schon. Es sind gut 550 km quer durchs Land. Einen Teil der Strecke kennen wir schon. Autobahnähnlich ausgebaut geht es 4-spurig wieder in Richtung Süden. |
Ruhig rollen wir auf ca. 3.500 m Seehöhe dahin und entscheiden, heute so lange wie möglich zu fahren. Eigentlich versuchen wir möglichst bei Tageslicht einen Platz für die Nacht zu suchen, aber Ausnahmen bestätigen
die Regel und bis hinter Oruro wollen wir auf jeden Fall kommen. Kommen wir auch und wir finden - obwohl es schon lange dunkel ist - einen schönen, ruhigen Stellplatz auf einem Feldweg. |
Oruro: |
Oruro liegt deutlich tiefer als in El Alto und so schlummern wir wie Murmeltierchen.
Morgens stellt Thomas fest, dass wir vorne Öl verlieren. Er vermutet, dass bei der Reparatur die Bremsleitung beschädigt wurde. Gott sei Dank fehlt aber (noch) keine Bremsflüssigkeit. Da Werkstätten nicht in der Nähe sind und zudem Sonntag ist (was in Bolivien nicht zwingend heißt, dass alle Geschäfte geschlossen sind) entscheiden wir, vorsichtig und möglichst bremsarm bis Sucre zu fahren. Nach Oruro gehts auf die Straße mit der Nr. 6, die anfangs gut, später aber voller Baustellen sein soll. Das können wir genau so bestätigen. Es geht wieder in die Berge auf über 4.400 m. Die Regierung versucht hier, aus einem Feldweg eine zweispurige asphaltierte Straße zu bauen. |
Nun kennen wir uns mit Straßenbau nicht wirklich aus, aber alle Baustellen hier in Bolivien wirken sehr professionell betrieben: Man ist hier mit großen Maschinen am Gange, z.T. sogar am Sonntag.
In diesen Höhen ist es oft unmöglich, während der Bauarbeiten eine Umleitung einzurichten, deshalb müssen wir meist mitten durch. Und sind deshalb wirklich froh um alles, was der Dicke so hat: Bodenfreiheit, Untersetzung und Sperren kommen alle zum Einsatz. Bergab hilft die Untersetzung, da dadurch der Motor bremst. Wie bisher immer, werden wir mit spektakulären Ausblicken belohnt und merken mal wieder, wie schwer es ist, Landschaft auf ein Foto zu bannen. |
kein Weiterkommen: |
In einem der kleinen Orte kommen uns auf der Hauptstraße plötzlich viele Autos entgegen. Die Handzeichen sind eindeutig: hier kein Durchkommen… wir verstehen: Einbahnstraße.
Das wusste unser Navi wohl nicht, andere Autofahrer ebenso wenig. O.k., dank Navi und Handy finden wir schon eine Alternative. Wir fahren einigen Autos hinterher bis wir plötzlich mitten im Gewimmel eines Marktes stehen. Kein Problem für die Autos. Der Dicke ist aber deutlich breiter und auch höher, als sie. Einige Marktfrauen räumen schnell Sonnenschirm und Waren beiseite. Wir kämpfen uns Meter um Meter durch das Getümmel. Es gibt kein Zurück, zumal hinter uns die lange Schlange lautstark hupt. Da hilft nur eines: gaaaaaaaaaanz ruuuuuuhig bleiben, Chris steigt aus und dirigiert Thomas zum Teil zentimetergenau an tief hängenden |
Balkonen, Dächern und Außenspiegeln von parkenden Autos vorbei. Leider konnte in der Zeit niemand Fotos machen...
Am Ende stehen wir da, wo wir los gefahren sind, wieder am Anfang des Dorfs und gucken einem Umzug zu, der mit lauter Musik langsam die Straße hochzieht. Wir sind zwar keinen Meter weiter gekommen, aber um einiges schlauer: die Hauptstraße ist eine Einbahnstraße, rechts davon ist das Dorfzentrum mit Markt und Umzug. Jetzt gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: es links der Hauptstraße zu probieren oder zu warten, bis Fest und Markt beendet sind. Wir entscheiden uns für Möglichkeit eins und landen - oh Wunder - auf einer neuen, im Navi noch gar nicht existierenden, breiten Umgehungs-straße. Schilder gibt es leider keine. |
Nun kämpfen wir uns weiter durch die Baustelle, obwohl klar ist, dass wir unser Ziel Sucre an diesem Tag ganz sicher nicht mehr erreichen. Aber wir haben ja unser Bett und einen vollen Kühlschrank dabei.
Die Landschaft wird immer spektakulärer, in Serpentinen geht es hoch und runter. Die iOverlander - App bietet keine Stellplätze mehr auf dieser Strecke. Selbst suchen… heißt das. Obwohl das auf der Karte gar nicht so einfach aussieht. Und trotzdem manchmal ist. |
Die LKW fahren den Abraum der Baustelle auf eine große, ebene Fläche. Wie gemacht für eine ruhige Nacht. Und sogar mit Aussicht…
Der Platz hält, was er verspricht…. pünktlich wecken uns am Morgen die LKW und wir fahren ohne Frühstück los - das holen wir an einem anderen schönen Plätzchen mit Aussicht nach. Die Bremse hält, noch eine letzte Brückenbaustelle mit Serpentinen und schon sind wir da. |
Sucre: |
Die Fahrt durch Sucre ist zunächst enttäuschend. Nix weiße Stadt. Bolivien halt. Wir steuern einen bekannten Overlander - Stell- ja sogar Campingplatz an. Ein Ehepaar bietet hier zentrumsnah einen Platz für vier bis fünf Fahrzeuge an. Dort wollen wir hin.
Wir haben Glück: vier Fahrzeuge sind schon da, die müssen jetzt alle zusammen rücken, dass wir überhaupt noch auf den Platz fahren können. |
Das Auto, das ca. eine Stunde nach uns kommt, muss schon weiter fahren. Spannende Nachbarn: ein australisches Ehepaar, ein holländisches Paar mit einem Sohn, ein belgisches Paar mit drei Kindern und ein italienisch/ französisches Paar mit zwei Kindern.
Alle Kinder zwischen fast zwei und ca. neun Jahren alt. Da sag noch einer, dass es schwer ist, mit Kindern zu reisen. Herrlich, morgens von Kindergeschrei geweckt zu werden. |
Nun, zu Fuß auf dem Weg ins Zentrum Sucres, merken wir, was die Stadt alles bietet. Die wunderschönen, weiß angestrichenen Fassaden der Kolonialbauten, die vielen
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Kirchen und auch die Parks sind sehr gut erhalten und wohl der Grund, warum die ganze Stadt Sucre UNESCO Weltkulturerbe ist.
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Was uns noch viel mehr gefällt: hier gibt es einen riesigen Markt, der zum Bummeln einlädt. Eine Markthalle,
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durch die wir stundenlang schlendern könnten. Dazu viele Cafés und Restaurants und viele, viele Menschen.
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Diese Stadt lebt. Zwischen den Schulkinder in ihren Uniformen, Marktfrauen und Geschäftsleuten gehen die für Bolivien verhältnismäßig vielen Touristen fast unter.
Obwohl Sucre auf ca. 2.800 m liegt, ist es angenehm warm und T-Shirts und |
Flipflops werden wieder ausgepackt.
Die Wettervorhersage für unser nächstes Ziel Potosí ist für die nächsten Tage schlecht (kalt und Regen und Schnee… - unvorstellbar), so bleiben wir mal wieder mal deutlich länger, als gedacht. |
Tankstellen in Bolivien: |
Die Vermieter des Campingplatzes, Felicidad und Alberto kümmern sich liebevoll um ihre Gäste.
Für uns organisieren sie einen Termin in der Werkstatt. In Bolivien ist der Dieselpreis subventioniert. Ausländer müssen einen festgesetzten Preis von umgerechnet etwas über einem Euro bezahlen. Die Tankstellenbetreiber dürfen den hohen Preis aber nicht für sich behalten, sondern müssen ihn an den Staat abführen. Dazu müssen viele Papiere ausgefüllt werden. Dass die Jungs dazu keine Lust haben, versteht sich von selbst. |
Ergebnis: Viele Tankstellen haben für Ausländer keinen Diesel. Andere verlangen den hohen Preis, aber „sin factura“ (ohne Rechnung und ohne Papiere).
Offiziell gibt es die Möglichkeit, mit Ersatzkanistern zum bolivianischen Preis Diesel zu tanken. So kamen wir bisher immer problemlos zu Diesel und Thomas zu mehr Muckies an den Armen… In La Paz und auch in Sucre ging aber plötzlich nichts mehr… - deshalb sind wir mehr als dankbar für die Hilfe. |
Fiesta de la Virgen de Guadelupe: |
Der Werkstattbesuch bringt Entwarnung: der Dicke verliert keine Bremsflüssigkeit. Wahrscheinlich wurden beim Einbau der neuen Federn Fette benutzt. Na also!
Die Stadt überzeugt uns mit jedem Spaziergang mehr, besonders abends, der Markt ist noch geöffnet und viele Geschäfte zeigen uns, was der oder die BolivianerIn so zu brauchen glaubt. Besonders empfohlen ist hier noch das Schatzmuseum, Museo del Tesoro. Der englisch sprechende Führer erklärt uns die besonderen Edelsteine des Landes und die Geschichte des Silberbergbaus. Dazu mehr im nächsten Bericht aus Potosí. |
Als wir bezahlen und weiter fahren wollen, erzählen uns unsere Vermieter, dass am Folgetag (immer Mitte September) die Fiesta de la Virgen de Guadalupe stattfindet.
Eines der wichtigen Feste der Stadt und des ganzen Landes. Klar bleiben wir noch. Das lassen wir uns nicht entgehen. Einige Fotos von der Fiesta de la Virgen de Guadelupe also hier!! Bericht erübrigt sich, Tausende hatten Spass beim Umzug, wir auch. |