Halb zog es uns, halb mussten wir hin. Die höchstgelegene Regierungsstadt der Welt soll unser Ziel sein. (die Haupstadt von Bolivien ist Sucre, falls mal jemand in einem Ratespiel gefragt wird)
Wir müssen da hin, weil wir für rund 700,-- € Teile aus Deutschland für unseren „Dicken“ bestellt haben. Die Teile brauchen wir zwar eigentlich nicht mehr, siehe HIER, aber bezahlen und da liegen lassen, das ist auch keine Option. Eigentlich ist DER Overlander Treffpunkt hier das Hotel Oberland. Da kann man sich auch Pakete hinschicken lassen. |
Zunächst müssen wir über hohe Pässe, 4.300, 4.400 und sogar 4.500 m, beeindruckende Berglandschaften und verschlafene Örtchen am Wegesrand.
Rechts zu sehen die Gletscher des 6.500 m hohen Illimani. Während der Anfahrt nach La Paz mit toller Gewitterstimmung in 4.000 m Höhe bemerkt Christin aber zweierlei: Die Hauptstrasse führt quasi direkt zum Flughafen, das Oberland liegt querab und gut 800 m tiefer. Und: Direkt am Flughafen soll es Schlafmöglichkeiten geben, wir müssen eh hin, also besser gleich. Morgens wissen wir, dass es hier Minibusse Richtung Zentrum gibt, da ein unermüdlicher Ausrufer dieses bis spät in die Nacht und morgens ab kurz vor 6 durch die Gegend brüllt. Auch ohne ihn hätten wir das schwerlich übersehen können, die Kleinbusse für bis zu 14 Personen stehen da in Reih und Glied rum und fahren immer los, wenn voll. Toller Service (bis auf die Brüllerei). Jedenfalls morgens auf zum Frachtschalter und da lesen wir, dass die von 4.30h bis 21.30h arbeiten. Hätten wir da gestern schon loslegen können? |
Wir verstehen Bahnhof, sollen Papiere zeigen, aber die sind doch beim Paket. Wir sollen 150 BOL bezahlen, aber bei der Banco Union.
Letztlich werden wir doch hier am Schalter unser Geld los (Ausnahme: überall hängen Anti-Korruptions-Plakate, NIE hier bezahlen!!)- und wir bekommen Papiere, mit denen wir zum Spediteur ALBO sollen. Bei ALBO findet man unseren Vorgang, es fehlt aber eine dritte Unterschrift. Morgen sei die auch da!?! Wir schon mal zum Zoll, die wollen, na was wohl: den Zettel mit der dritten Unterschrift. Eher nicht, wir müssen erst woanders hin. Jemand bringt uns zum nächsten Büro, dort sollen wir die Frachtpapiere bekommen. |
Wir wieder zu ALBO, die sagen, es liege am Zoll. Und: das angekommene Paket sei 13 kg schwer, die Papiere weisen aber 14 kg aus. Diese Differenz müsse der Zoll erst absegnen.
Wir zum Zoll, der schickt uns erst mal woanders hin: ein Büro für geringere Mengen. Heisst das jetzt Mindermengen oder kleinere Einfuhrmengen? Jemand füllt uns was aus, berechnet eine Abgabe von 1.047 BOL meldet uns online beim bolivianischen Zollsystem an und will 200 BOL, ohne Quittung (sin factura). Hallo?! Nicht mit uns. Aber er hat unsere Papiere. Und wir bekommen eine Bestätigungsmail vom Zoll. Das ist also alternativlos, im wahren Sinn des Wortes. |
Wir also 200 BOL ärmer und mit einem Zettel und einer Nummer von ihm wieder zum Zoll und die sind begeistert: Genau das sei richtig! Und wo ist der Zettel mit der dritten Unterschrift?
Wir wieder zu ALBO. Die sagen, alles sei beim Zoll wegen der Mindermenge. Wir wieder zum Zoll, einer kann Englisch und erklärt, die nötige Unterschrift werde geleistet, der Berechtigte sei aber nicht da, wir sollen in einer Stunde wiederkommen. Eine gute Stunde später (gegen 15.00h) sind wir wieder da und der Typ erläutert: Nix mit Unterschrift, der Zettel sei gar nicht beim Zoll. Wir wieder zu ALBO. Da kennt man uns schon und es geschieht ein Wunder: |
Ein netter, junger Mann kommt mit uns zum Zoll, tuschelt mit jemand, rennt allein (mit unseren Papieren) wieder weg, kommt wieder, tuschelt erneut, er wieder zu ALBO, und wieder zum Zoll und er strahlt: Wir sollen mitkommen:
Wir wieder zu ALBO. Und da ist er: Der Original-Zettel mit der dritten Unterschrift. Es ist 15.45h. Wir wieder zum Zoll. Jau, das passt. |
Die Bearbeitung beginnt! Laut Schildern schliesst der Zoll um 16.00h.
Bis dahin passiert nichts….und wir müssen ja noch bei der Banco Union zahlen. Kurz nach 16.00h kommt der Zöllner mit allen Unterlagen und einer Zahlungsanweisung und, Überraschung: |
Die Banco Union hat gleich im selben Gebäude einen Schalter. Der Computer hängt etwas, aber nach knapp 10 Minuten bekommen wir die Quittung und: Der Zöllner arbeitet noch und gibt uns finale Papiere mit.
Wir wieder zu ALBO. Dort nochmal 25 Bol abgeben und …tata…um die Ecke gibt es -HEUTE NOCH- unser Paket. |
Nach dieser Glanzleistung, die von Einheimischen mehr oder weniger für ausgeschlossen gehalten wurde (der Chef des Oberland erzählte uns, er nehme gerade drei einige Monate verspätete Pakete wieder mit nach Europa) wollen wir noch was einkaufen.
Und machen dabei einen Fehler: Wir nehmen das Auto. Es soll in der Nähe eines Supermarktes noch einen netten Stellplatz, auch für grosse Autos, geben. Wir stecken rasch im Stau der Microbusse, müssen anders als vom NAVI vorgeschlagen fahren und werden nach einer Wende (U-Turn) von einem Polizisten rausgewunken. Das sei hier nicht erlaubt. Linksabbieger ok, wenden nein. Schild? Braucht es dafür nicht. |
Wir schweigen, er redet, wir: versteh ich nicht/ no entiendo. Nach einer Weile will er mit uns zur nächsten Wache. Mitfahren? Nö, Auto ist nur für zwei. Er läuft voran. Wir stauen die halbe Stadt, er bricht seinen Lauf ab.
Er lacht, das gibt`s ja gar nicht, die (also wir) verstehen ja kein Wort Spanisch. Tja, ein Knöllchen kann er uns angeblich nicht schreiben, da ausländisches Kennzeichen. Mit diesem Trick versuchen bolivianische Polizisten wohl des öfteren, ein Bargeldangebot zu veranlassen. Das machen wir nicht…. und irgendwann hat er die Nase voll und scheucht uns mürrisch weg. Geht doch. |
Und nun durch El Alto, der vermeintliche Stellplatz liegt nach sehr indischem Verkehr in einer kleinen Gasse, Einfahrt vielleicht 2 Meter breit und hoch. Völlig ungeeignet für uns. Also zurück zum Flughafen und unterwegs noch Kleinigkeiten einkaufen. Stop auf einer grösseren Strasse. Ein Taxifahrer hält neben uns. Er will uns aber nicht den Weg zeigen, er meint, wir seien ihm drauf gefahren (er fuhr wohl hinter uns her).
Mit Hilfe von Google Übersetzer im Smartphone erklären wir ihm, dass wir die Sache gerade anders sehen, er sei wohl aufgefahren (bei uns ist fast nichts zu sehen). Letztlich haben wir für sowas eine Haftpflichtversicherung, die Daten könne er haben. Das will er nicht. |
Was will er dann? Dass wir seine Reparatur bezahlen. Das geht nicht, da wir ja weder warten wollen noch können, bis er eine Rechnung hat. Wieviel er denn meine? Kann er nicht sagen. Wir auch nicht.
Inzwischen sind erst zwei Männer, dann auch drei Frauen und weitere Leute hinzugekommen und wollen auch was sagen. Tja, da haben wir wohl was falsch gemacht, Anhalten und warten, in SEINEM Viertel, Mist, nicht gut. Besonders die Frauen werden masslos aggressiv, drohen, mit grossen Steinen in den Händen und schreien rum. Niemand nennt irgendeine Summe. |
Unser Argument, die Schuld sei ja streitig und keiner wisse, was die Reparatur koste, hält die keifenden Weiber immerhin vom Steine werfen ab.
Plötzlich erscheint: Ein Polizist. Das ist der Durchbruch, denn er kann schlecht für falsch halten, dass wir unsere Versicherungsdaten anbieten. Er verhandelt mit der aufgeregten Menge, Thomas erklärt ihm, dass keiner ausser dem Taxifahrer überhaupt dabei war, als etwas passiert sein soll. Und endlich: Er schlägt uns vor, 200 Bol (ca 25 €) zu zahlen, damit sei die Sache erledigt. Echt jetzt? |
Thomas lässt dreifach bestätigen, damit sei alles erledigt. 200 hingehalten, will der Junge vom Taxi „un poco mas", also etwas mehr.
250? Nix da, 200 oder Versicherung und nach einem Machtwort des Polizisten zahlen wir und verlassen den Stadtteil - nix wie weg. Wegen Pille-palle hatten wir echt das erste Mal Stress im Ausland, und Glück am Ende. Lehre: Nicht im Viertel bleiben, wenn was passiert sein soll, besser nächste Polizeiwache. Oder so ähnlich. Muss nicht nochmal sein, gehört aber wohl auch mal dazu. |
Nach einer unruhigen Nacht am Flughafen (zwei Autos weiter ging eine Alarmanlage alle 5 Minuten unmotiviert los) geht es mit Microbus für 4 Bol in die Stadt.
Mitten in El Alto gönnen wir uns einen der berühmten frisch gemixten Säfte, bevor es über den Hexenmarkt zu den Seilbahnen und runter nach La Paz geht. Zentraler Markt, Parlamentsplatz, Kathedrale, Touriviertel mit Andenkenshops, schöner Tag bei ordentlichem Wetter. La Paz liegt ca. 500 m tiefer als der Flughafen, also auf 3.500 m, das macht hier glatt 5 Grad aus. Nach noch einem Tag mit einer Tour zum zentralen, gleichwohl vernachlässigten Stadtpark und mit weiteren Seilbahnausflügen (jede Fahrt kostet nur 3 Bol, also nicht mal 40 Euro-Cent) wissen wir: Doppelmayr, österreichischer Seilbahnbauer, arbeitet hier seit 2014 an der irgendwann weltgrössten Anlage und das ist für den Ort eine super Idee, schon jetzt touristisches Highlight. |
Abends fahren wir dann doch wieder selber Auto, wir wollen zum berühmten Oberland Hotel, Treffpunkt aller Panamericana-Fahrer, nebenan gibt es das Valle de la Luna, also das Mondtal, wohl auch ein Muss.
Nach steiler Abfahrt bis auf 3200 m ist die letzte Strasse zum Hotelparkplatz gesperrt. Auch gut, dann stehen wir ganz in der Nähe auf der Strasse frei, klappt prima. |
Und morgens plätschert ein Anlieger mit einem Schlauch rum, wir fragen, ob wir etwas Wasser bekommen?
So gefällt uns das, wir füllen auf und machen uns ins Mondtal auf. Eine spektakuläre Erosionslandschaft hat sich hier gebildet, wohl nach einem Erdrutsch spülte sich das weichere Material heraus, wo ein Stein oben lag, bildete sich gerne eine Säule: |
Sehr schön anzuschauen und gut besucht, unter anderem von mehreren Deutschen.
Wir treffen auch ein belgisch/ indonesisches Paar auf Hochzeitsreise, die kommen gerade aus Chile über die Lagunenroute und den Salar Uyuni nach La Paz geflogen. Es geht noch zum Titicaca See und nach Machu Pichu, alles in 14 Tagen. Da werden wir ganz bleich, so rasch sind wir nicht. Was die beiden bezahlt haben, wollen wir gar nicht wissen, wohl fünfstellig. |
Wir fahren langsam den Berg wieder hoch, geniessen tolle Ausblicke, kaufen frisches Gemüse am Straßenrand und stehen oben gleich im Stau:
Es ist Sonntag und Umzugszeit. Musikanten und bunt geschmückte Tänzer ziehen neben der Hauptstrasse her, andere halten an, wir auch. Deshalb der Stau, niemand meckert, Karneval ohne Saison. Fantasievolle Kostüme, nicht ganz taktsichere Teilnehmer. Richtig nett, dafür haben wir gerne kurz gestoppt. Auf der Autobahn nach Oruro freuen wir uns schon fast auf die korrupten Polizisten der Hinfahrt, die haben aber heute wohl anderes vor, wir gleiten gemächlich dahin, Dieselverbrauch laut Computer gering. Es ist eine Freude, mit unserem „Dicken“ in 4.000 m Höhe zu fahren. Später geht es wieder auf über 4.400 m, aber dazu im nächsten Bericht. Erst nochmal Danke an das Autoteam in Münster! |